Kreisgruppe Bergstraße

Hoher Einsatz für mehr Vielfalt auf dem Acker - BUND-Gruppe besuchte Zuchtgarten für biologischen Dinkel

27. Juni 2018 | Biologische Vielfalt, Landwirtschaft

Das schwindende Angebot von samenfesten Getreide- und Gemüsesorten wurde vor einigen Wochen im Rahmen der Umweltfilmreihe des Kreisverbands Bergstraße im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) diskutiert. Eine Gruppe von 15 Teilnehmern konnte dies bei einer Exkursion zur biologisch-dynamischen Dinkelzüchtung am Hofgut Oberfeld in Darmstadt vertiefen. Dort werden ungefähr 1000 verschiedene Getreidesorten zu Zuchtzwecken angebaut.

Die Ernährungssicherheit kann nur gewährleistet werden, wenn eine große Sortenvielfalt besteht, sodass es bei Schädlingsbefall immer auch noch resistente Sorten gibt. Da wenige Konzerne den Saatgutmarkt schon weitgehend beherrschen, ist die Sortenvielfalt in Gefahr. Es wird fast nur noch Hybrid-Saatgut verkauft, aus dem die Landwirte nicht mehr selber weiterzüchten können, so wie es früher der Fall war. Da zudem nur zertifiziertes Saatgut verkauft werden darf und hohe Zertifizierungskosten anfallen, wird das Angebot enorm eingeschränkt. Laut Experten der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft gibt es heute schätzungsweise nur noch 5 Prozent der Sortenvielfalt, die vor dem 2. Weltkrieg zur Verfügung stand. 99% der angebauten Pflanzen sind Hybriden. 90% des weltweiten Saatgutbestandes liegen in den Händen von nur wenigen Großunternehmen.

Dinkelzüchterin Catherine Cuendet hat auf dem Hofgut Oberfeld Flächen gepachtet für die Getreidezüchtung Peter Kunz, einem in der Schweiz ansässigen gemeinnützigen Verein für Kulturpflanzenentwicklung. Es ist ein großer Verdienst dieses Vereins, dass er Getreide unter Bio-Bedingungen züchtet, also robuste, nachbaubare Sorten, die ohne herkömmliche Hilfsstoffe wie Stickstoffdünger oder Pestizide auskommen. Eindrücklich wurde gezeigt, dass das konventionelle Saatgut für solchen nachhaltigen Anbau ungeeignet ist. Die Entwicklung einer neuen Sorte bis zur Marktreife dauert 12 bis 15 Jahre.

Die staatliche Sortenprüfung geht in Deutschland über drei Jahre und ist sehr kostspielig, bei Dinkel ist das Prüfsystem rein auf herkömmlich gezüchtete Sorten ausgelegt und nicht auch auf Bio-Sorten wie es eigentlich sinnvoll wäre. Eine neue Sorte erhält die Zulassung, wenn Eigenschaften wie Standfestigkeit, Resistenz gegen Schädlinge wie Gelbrost oder Getreidebrand, Ertragsleistung, Backqualität und Schmackhaftigkeit in der Summe günstiger sind als bei den bisherigen Sorten. 

Seit etwa 30 Jahren fragen Verbraucher verstärkt nach Dinkel, denn er gilt als bekömmlicher und verträglicher als Weizen. Auch nach Jahrzehnten züchterischer Arbeit ist die Sortenvielfalt bei Dinkel weltweit erschreckend gering. Das Getreide führt immer noch ein Nischendasein, es gibt nur wenige Züchter. Neben der Getreidezüchtung Peter Kunz kümmern sich die Landessaatzuchtanstalt Hohenheim sowie eine belgische und eine kanadische Zuchtstelle um die Weiterentwicklung von Dinkel. Von diesen vier entwickelt nur die Getreidezüchtung Peter Kunz samenfeste, d.h. nachbaufähige, Dinkelsorten für den Ökolandbau.

Die Zucht von Bio-Getreide ist auf Spenden angewiesen. Um unsere Ernährungsicherheit zu verbessern setzt sich der BUND dafür ein, dass die gesetzlichen Rahmenrichtlinen für das Züchten von Bio-Saatgut verbessert werden.  

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